Vor etlichen Jahren habe ich mal ein Interview mit einem renommierten Maler gelesen. Auf die Frage der Journalistin, wann er denn mit Malen begonnen habe antwortete er mit dem Hinweis "Ihre Frage ist falsch gestellt. Sie müssten mich fragen wann ich mit Malen aufgehört habe!? Ich würde Ihnen dann antworten, dass dies im Alter von ca. 6 Jahren geschehen ist." Die verwirrte Journalistin hakte nach, wie denn das zu verstehen sei? Seine Erklärung war die Folgende. Die meisten Kinder verlieren mit dem Eintritt ins Schulalter ihre kreative Unschuld, malerisch ihren Gefühlen freien Lauf lassen zu können. Die Anstrengung, im Erwachsenenalter sich diese kreative Welt zurück zu erobern, sei ein schwieriges und oft erfolgloses Unterfangen.
Zeichnen war in meiner Schulzeit eines meiner Lieblingsfächer. Dabei hatte Zeichnen damals aus der Sicht der Lehrer, jedenfalls der meinigen, primär den Anspruch, möglichst detailgenau abzeichnen zu können. Da war ich echt gut und die 6 im Zeugnis hatte ich auf sicher.
Die 4. und 5. Klasse waren zwei spezielle Jahre bei einem speziellen Lehrer. In einer Zimmerecke hatte er zwei je ca. 1 m2 grosse Pastellkreidezeichnungen auf schwarzem Papier an der Wand hängen. Auf dem einen Blatt war ein männlicher Löwe und auf dem andern ein Eisbär zu sehen. Die Zeichnungen hatten es mir angetan und als Herr Marti, so hiess der Lehrer, uns neuen Viertklässler begrüsste, die Fünftklässler im gleichen Schulzimmer waren die Viertklässler des Vorjahres, konnte ich es nicht verkneifen, ihn zu fragen, ob er den Löwen und den Eisbären wirklich selber gezeichnet habe. Ja, dem sei so. Ich war sprachlos. So etwas hatte ich bisher nur in den Silva-Büchern gesehen.
Dann kam der Sprung in die Oberstufe und im Zeichenunterricht war Abzeichnen immer noch das Mass der Dinge. Als dann ein junger Stellvertreter unseres Klassenlehrers mir im Zeichnen eine 5.5 verpasste und dem Gloor für seine wilden Farborgien eine 6 schenkte, musste ich ein paar Wuttränen unterdrücken für diese schreiende Ungerechtigkeit. Gloor wurde später Kunstmaler und ohne seine Werke jemals gesehen zu haben, bin ich heute sicher, dass der Stellvertreter in Gloors Bildern eine Qualität erkennen konnte, zu der ich damals noch keinen Zugang hatte.
Mein vertieftes Interesse für Kunst entwickelte sich später aus einem erwachenden Bedürfnis selber wieder kreativ tätig zu sein, gepaart mit der Hoffnung, damit besser in der Lage zu sein, Bilder "lesen" und verstehen zu können. Ich wollte hinter die "Kulissen" blicken können, ein Bild, eine Figur, eine Installation sozusagen auch Backstage erleben. Ich meide Vernissagen, will mich ungestört in einer Ausstellung bewegen, selber Eindrücke gewinnen. So wird Kunst für mich zum Erlebnis.
Corona und deren Folgen..
Nach einer längeren Pause habe ich mich wieder auf ein Malprojekt eingelassen. Erstmals im Grossformat 180 x 120 cm.. Ein Neubeginn mit Tücken.